Ständeratskommission verzögert mit Instrument-Hopping die Chance auf Inklusion in Kitas

Ständeratskommission verzögert mit Instrument-Hopping die Chance auf Inklusion in Kitas

Der Nationalrat will Eltern bei der familienergänzenden Kinderbetreuung mit Bundesbeiträgen unterstützen. Das fördert die Kinder, entlastet die Familien und lindert den Fachkräftemangel. Nun verzögert die Ständeratskommission die dringend notwendige Unterstützung mit einer völlig neuen Idee von Betreuungszulagen. Im neuen Modell wird es schwieriger, Eltern von Kindern mit Behinderungen zu entlasten und Inklusion im Vorschulalter schweizweit zu ermöglichen.

Die Kosten für familienergänzende Betreuung belasten Schweizer Familien stark. Diese Belastung ist für Eltern von Kindern mit Behinderungen sogar noch grösser. Hinzu kommt, dass es vielerorts Link öffnet in neuem Fenster. aufgrund fehlender Finanzierung der behinderungsbedingten Mehrkosten keine familienergänzende Betreuung gibt. Findet sich kein Kitaplatz für ein Kind mit einer Behinderung, werden die Eltern gezwungen, ihre Arbeit stark zu reduzieren – in vielen Fällen gibt die Mutter ihre Arbeit auf. Den Eltern wird die Wahlfreiheit betreffend Familienmodell somit gänzlich genommen. «Gleichzeitig werden Chancen der frühen Förderung verpasst, was die Inklusion später in der Regelschule erschwert. Die Kinder, ihre Familien, kleine Gemeinden, aber auch Kantone sind hier dringend auf eine Bundeslösung angewiesen.», sagt Anna Pestalozzi, Stv. Leiterin Sozialpolitik bei Procap Schweiz.

Eine solche Lösung hatte der Nationalrat ursprünglich präsentiert: In seinem Entwurf vom 1. März 2023 sieht er eine Reduktion der Betreuungskosten um 20 % für alle Eltern vor. Sollten Mehrkosten aufgrund einer Behinderung entstehen, wäre dieser Bundesbeitrag zudem höher.

Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerats (WBK-S) hat an ihrer Sitzung vom 22. August 2023 die Vorlage beraten und wechselt nun überraschend von der gut ausgearbeiteten Vorlage auf ein neues Instrument (sogenanntes Instrument-Hopping). Dabei soll für Eltern mit einem bestimmten Beschäftigungsgrad eine Betreuungszulage als zusätzliches Element der Familienzulagen geschaffen werden. Durch die damit verbundenen Prüfaufträge wird die Vorlage verzögert und eine Behandlung in der Herbstsession, d.h. vor den Wahlen, ist nicht mehr möglich.

Procap Schweiz bedauert dieses Umlenken und beurteilt in diesem Zusammenhang das neue Instrument kritisch. «Während eine Erhöhung der Kinderzulagen im Allgemeinen durchaus sinnvoll wäre, dient sie hier in keiner Weise dazu, das Ziel der parlamentarischen Initiative 21.403 zu erreichen. Will man die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit verbessern und den Fachkräftemangel angehen, muss man die Betreuungskosten gezielt senken», sagt Alex Fischer, Leiter Sozialpolitik bei Procap Schweiz.

Weitere Nachteile des Instrumentes sind, dass der bürokratische Aufwand unnötig gross würde, dass damit der politische Konsens mit der Arbeitgeberschaft verloren gehen dürfte, und dass per Giesskannenprinzip Geld ausgeschüttet würde, völlig unabhängig davon, ob eine Familie die Betreuung benötigt respektive in Anspruch nimmt. Problematisch ist auch, dass mit diesem Vorschlag die Qualität der Angebote nicht berücksichtigt werden kann.

Procap appelliert an die WBK-S, bei ihrer nächsten Sitzung noch einmal im Detail zu prüfen, ob das spontan vorgeschlagene Instrument tatsächlich der effizienten Zielerreichung im Bereich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie dient.

Kontakt und weiterführende Informationen:

Alex Fischer, Leiter Sozialpolitik bei Procap Schweiz: 062 206 88 86

Anna Pestalozzi, stellvertretende Leiterin Sozialpolitik, 062 206 88 97

 


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