Gemischte Bilanz

Gemischte Bilanz

Vereinbarkeit Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung

Am 29. und 30. August 2019 hat die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) erstmals die Vorlage zur Angehörigenbetreuung beraten. Glücklicherweise anerkennt die SGK-N grundsätzlich den Handlungsbedarf und unterstützt zumindest die vorgeschlagenen Massnahmen des Bundesrats. Dies ist ein wichtiger erster Schritt. Besonders erfreut ist Procap Schweiz über die Besserstellung von Kindern mit Behinderungen im Spital. Leider profitieren einige Gruppen von Angehörigen aber kaum von den Anpassungen aus dieser Vorlage, weshalb weitere Massnahmen notwendig sind.

Im Rahmen der Beratung des Bundesgesetzes zur «Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung» unterstützt die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) weitgehend die vorgesehenen Massnahmen des Bundesrats zur Verbesserung der Situation der zahlreichen betreuenden und pflegenden Angehörigen. Die Massnahmen, mit denen Personen entlastet werden sollen, die zusätzlich zur Erwerbstätigkeit auch Angehörige betreuen, umfassen einen 14-wöchigen Betreuungsurlaub für Eltern, die ihr schwer krankes oder verunfalltes Kind pflegen, oder die Möglichkeit, bis zu zehn Tage pro Jahr (maximal drei Tage pro Ereignis) zur Pflege und Betreuung von Angehörigen frei zu nehmen. Begrüssenswert sind auch die Anpassungen bei den AHV-Betreuungsgutschriften, welche die heutigen familiären Realitäten zwar nach wie vor unvollständig, aber dennoch verbessert berücksichtigen.

Wichtige Anpassung für Kinder mit Behinderungen im Spital

Besonders erleichtert ist Procap Schweiz, dass auch die Situation von Familien mit Kindern mit Behinderungen verbessert werden soll. Procap Schweiz setzt sich seit Jahren stark dafür ein, dass bei Kindern die Hilflosenentschädigung (HE) und der Intensivpflegezuschlag (IPZ) nicht mehr ab dem ersten Spitaltag gestrichen werden, sondern bei Präsenz der Eltern im Spital diese Leistungen auch bei längeren Aufenthalten bezahlt werden. HE und IPZ sind Entschädigungen, die Familien mit schwer erkrankten oder behinderten Kindern erhalten. Diese finanzielle Unterstützung dient oft als wichtiges Ersatzeinkommen, da die Erwerbstätigkeit zugunsten der Betreuung und Pflege des Kindes aufgegeben oder reduziert werden musste. «Endlich wird diese absurde Regelung geändert. Es ist sehr stossend, dass Familien bislang gerade während besonders zehrenden Spitalaufenthalten noch zusätzlich finanziell belastet werden», sagt Alex Fischer, Bereichsleiter Sozialpolitik bei Procap Schweiz.

Weitere Massnahmen sind nötig
Die Vorlage ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, allerdings bleiben weiterhin viele Betroffene von den Massnahmen ausgeschlossen. Beispielsweise ändert sich die schwierige Situation von erwerbstätigen Erwachsenen, die ihre schwerst erkrankten Eltern oder Partner pflegen, durch die Vorlage nur unmerklich. Doch auch sie bräuchten die Möglichkeit, einen Betreuungsurlaub in Anspruch nehmen zu können. Hinzu kommt, dass die von der Kommission beschlossenen Massnahmen in vielen Fällen ungenügend sind – so braucht ein krebskrankes Kind die enge Betreuung seiner Eltern in der Regel weit über 14 Wochen. Und nicht zuletzt leiden immer mehr pflegende und betreuende Angehörige unter der hohen Doppelbelastung zwischen Beruf und Pflege. Daraus resultieren oftmals negative gesundheitliche Folgen, die sich wiederum erschwerend auf die eigene Erwerbstätigkeit und Pflegefähigkeit auswirken. «Gerade angesichts der steigenden Lebenserwartung, den wachsenden Gesundheitskosten und zunehmenden Erwerbstätigkeit der Frauen muss der Nationalrat in der Herbstsession nun angemessene Massnahmen beschliessen, um die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung ernsthaft zu verbessern», fordert Sara Schmid, Verantwortliche Sozialpolitik. Gemeinsam mit der Interessengemeinschaft Angehörigenbetreuung (IGAB) setzt sich Procap Schweiz auch im Nationalrat für die Interessen der Betroffenen ein.

Weitere Informationen: Betreuende und pflegende Angehörige


Zur Übersicht