EL: Nationalrat verschlechtert Existenzbedingungen von Menschen mit Behinderungen massiv

EL: Nationalrat verschlechtert Existenzbedingungen von Menschen mit Behinderungen massiv

Der Nationalrat hat bei der Reform der Ergänzungsleistungen (EL) völlig inakzeptable Kürzungen beschlossen. Dies, obwohl der Bundesrat keinen Leistungsabbau wollte. IV-Bezüger/-innen sind besonders hart von diesen Sparmassnahmen betroffen. Procap kritisiert, dass viele von ihnen künftig zu wenig finanzielle Mittel für eine angemessene Deckung ihres Lebensunterhaltes haben werden.

Knapp die Hälfte der IV-Bezüger/-innen sind auf EL angewiesen, um finanziell über die Runden zu kommen. Sie trifft es besonders hart. Obwohl sie bereits jetzt am Existenzminimum leben, hat der von SVP und FDP dominierte Nationalrat heute nochmals die Schraube angezogen.
 

Beiträge an Mieten decken reale Mietzinse weiterhin bei Weitem nicht

Besonders stossend ist der Entscheid, die Beiträge an die Mieten nur sehr geringfügig zu heben – und auch dies nur für gewisse Regionen. Zudem sollen die Kantone diese Beiträge nach eigenem Gutdünken um 10 Prozent unterschreiten dürfen. Dies könnte teilweise gar dazu führen, dass EL-Bezügern/-innen noch weniger Geld für die Miete zur Verfügung steht als jetzt. Die sogenannten «anrechenbaren Mietzinsmaxima», für deren Erhöhung Procap seit langer Zeit kämpft, richten sich nach den Mietpreisen aus dem Jahr 2001. Die Mieten sind seither jedoch explodiert (über 20 Prozent). Viele EL-Bezüger/-innen sind aus diesem Grund seit Jahren gezwungen, Wohnungen zu mieten, die über ihrem Miet-Budget liegen. Das Geld fehlt dann in der Haushaltskasse für das Lebensnotwendige. Der Nationalrat nimmt mit seinem Entscheid in Kauf, dass weiterhin viele von ihnen zu wenig Geld für die Finanzierung ihrer Mieten zur Verfügung haben.

Es ist ein schwacher Trost, soll die Pauschale für Personen im Rollstuhl angehoben werden. Rollstuhlfahrer/-innen haben heute praktisch keine Möglichkeit, eine bezahlbare, rollstuhlgängige Wohnung zu finden. Denn diese sind meist im oberen Preissegment angesiedelt, weil sie sich eher in Neubauten oder in frisch sanierten Liegenschaften befinden. Damit Rollstuhlfahrer/-innen eine reelle Chance auf eine bezahlbare Wohnung haben, bräuchte es jedoch auch eine substantielle Erhöhung der «anrechenbaren Mietzinsmaxima». Das ist nicht geschehen.
 

Sparen auch bei Kindern und Heimbewohner/-innen

Die grosse Kammer beschloss zahlreiche weitere Kürzungen, die sich gegen Menschen mit Behinderungen richten. So sollen beispielsweise die Beiträge an Kinder von EL-Bezügern/-innen gekürzt werden. Eine vierköpfige Familie soll 600 Franken im Monat weniger bekommen als heute, sofern der Nachwuchs unter 11 Jahre alt ist. Umso schwerwiegender: Auch die Übernahme von familienergänzenden Betreuungskosten scheiterte.

Ebenso hart trifft es Bewohner/-innen von Heimen: Der Nationalrat will von einem Mindestbeitrag für ihre persönlichen Auslagen nicht wissen. Die Folge: Wenn sie im falschen Kanton wohnen, reicht der Beitrag nicht einmal für das Nötigste, wie z.B. Kleider oder ein Coiffeurbesuch. Ausserdem bestraft der Nationalrat arbeitende Ehegatten von EL-Bezüger/-innen, indem das Einkommen des Ehegatten zu 100 Prozent von der EL abgezogen wird und zusätzlich noch Steuern bezahlt werden müssen.

Dies sind nur einige Beispiele des umfangreichen Leistungsabbaus. Der Nationalrat zerpflückte die Vorlage des Bundesrates, die sich noch ausgewogener präsentierte. Procap wird sich gemeinsam mit der Dachorganisation Inclusion Handicap im Parlament weiterhin dafür einsetzen, dass die Existenz von EL-Bezügern/-innen gesichert ist. Der Ständerat muss es nun richten.
 


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