«Einmal Rente, immer Rente?»

Ich habe eine Verfügung der IV-Stelle erhalten mit dem Titel «Zusprache einer Invalidenrente». Mir steht seit Juni 2017 eine ganze Rente und seit Januar 2019 eine Dreiviertelsrente zu. Ich bin nun 56 Jahre alt. Wie lange erhalte ich diese Invalidenrente?

Bei einer Invalidenrente handelt es sich um eine Dauerleistung. Dennoch steht Ihnen die Rente nicht automatisch bis zum Erreichen des AHV-Alters zu. Das hat mehrere Gründe. Ausschlaggebend dafür, dass Sie sich bei der IV anmelden mussten, waren gesundheitliche Beschwerden, die Sie zur Aufgabe Ihrer ursprünglichen beruflichen Tätigkeit gezwungen hatten. Im Herbst 2018 hatte sich Ihr Gesundheitszustand dann wesentlich verbessert. Seither ist Ihnen eine leichte Tätigkeit in einem Teilpensum zumutbar. Diese gesundheitliche Veränderung führte dazu, dass per Januar 2019 Ihre ganze Rente auf eine Dreiviertelsrente herabgesetzt wurde.

Rentenrevision

Die IV-Stellen prüfen von sich aus regelmässig, ob die Voraussetzungen für eine Invalidenrente noch vorliegen. Sie tun dies im Rahmen von ordentlichen Rentenrevisionen. Wie häufig solche Überprüfungen stattfinden, ist vom Alter der versicherten Person und von der Diagnose beziehungsweise der Art und Schwere der gesundheitlichen Beeinträchtigung abhängig. Bei einer Rentenrevision erhalten Sie einen Fragebogen. Die IV-Stelle wird ausserdem von Ihren Ärzten, an Ihrer Arbeitsstelle und bei anderen Versicherungen Informationen einholen.

Wir empfehlen unseren Mitgliedern stets, dass sie sich bei ihrer Procap-Beratungsstelle melden, wenn die IV ein Revisionsverfahren einleitet, denn anhand der eingereichten Unterlagen wird entschieden, ob der bisherige Anspruch weiterhin besteht oder zusätzliche Abklärungen notwendig sind respektive ob die Rente erhöht oder herabgesetzt wird.

Veränderungen und Meldepflicht

Wesentliche Veränderungen der gesundheitlichen, familiären und beruflichen Situation können den Rentenanspruch beeinflussen und sind meldepflichtig. Es ist darum wichtig, solche Änderungen der IV mitzuteilen, auch weil sich dadurch Ihr Rentenanspruch zu Ihren Gunsten verändern kann, etwa für eine Kinderrente nach einer Geburt.

Eine vorübergehende Erkrankung oder eine behandelbare Verletzung stellt für die IV allerdings nicht automatisch eine wesentliche Veränderung dar. Entscheidend sind alle Veränderungen, die länger als drei Monate dauern, die voraussichtlich weiterhin bestehen und deshalb als dauerhaft bezeichnet werden. Eine rechtzeitige Information ist aus zwei Gründen wichtig: Zum einen wird eine Rentenerhöhung frühestens ab dem Zeitpunkt Ihres Gesuchs vorgenommen. Zum anderen kann die IV Leistungen von Ihnen zurückfordern, wenn Sie im Fall einer gesundheitlichen Verbesserung eine Meldung unterlassen. Hierbei kann bereits eine leichte Verletzung der Meldepflicht im Sinne einer Unachtsamkeit zu einer Rückforderung führen. Dies hat oftmals weitreichende Konsequenzen, denn von einer IV-Rente hängen meist noch weitere Sozialversicherungsleistungen ab (Rente der Pensionskasse, Ergänzungs- oder Zusatzleistungen).

Berufliche Wiedereingliederung

Es ist möglich, dass Sie von der IV aufgefordert werden, an Massnahmen für die berufliche Wiedereingliederung teilzunehmen. Die IV kann dies anordnen, wenn sie ein Eingliederungspotenzial sieht, und zwar auch dann, wenn sich Ihre gesundheitliche Situation nicht verändert hat. Das Bundesgericht hat kürzlich bestätigt, dass für IV-Rentnerinnen und IV-Rentner die Pflicht besteht, an zumutbaren Massnahmen wie beispielsweise einem Belastbarkeitstraining aktiv teilzunehmen. Während der Umsetzung von beruflichen Wiedereingliederungsmassnahmen erhalten Sie weiterhin die Ihnen zustehende Rente.

Sollten Sie im Zusammenhang mit einer Eingliederungsmassnahme Post von der IV-Stelle erhalten, empfehlen wir Ihnen ebenfalls, sich bei der für Sie zuständigen regionalen Procap-Beratungsstelle zu melden.

Karin Wüthrich, Advokatin