Sebastian Schnidrig

Als Sebastian Schnidrig klein war, erhielt er die Prognose, dass er nie selbst würde laufen können. Heute schafft er 15 000 bis 20 000 Schritte an einem Tag. Und manchmal noch viel mehr. Auf seinem Youtube-Kanal «Chaos-Kanone» zeigt er, was ihn bewegt.

35'349 Schritte zum Geburtstag

Sebastian Schnidrig
(2000*) lebt in einer begleiteten Wohngemeinschaft und arbeitet in einer geschützten Werkstätte im Kanton Wallis. Seine Wochenenden verbringt er bei den Eltern in Zermatt. Seit dem Corona-Lockdown läuft er jeden Tag so viele Schritte wie möglich. Beim Gespräch unterstützt uns seine Mutter Chantal Schnidrig bei Verständnisfragen.

Interview: Sonja Wenger, Fotos: Markus Schneeberger

Procap: Sebastian, was ist dein liebstes Hobby?
Sebastian Schnidrig: Reden. Meine Mama sagt immer, ich sei ein grosses Plappermaul. Das ist wohl so, weil ich als Kind noch nicht gut reden konnte und jetzt alles nachholen muss. Ich höre auch gerne Musik, alles Mögliche. Und ich schaue gerne Youtube-Videos.

Du hast einen eigenen Youtube-Kanal mit dem Titel «Chaos-Kanone». Woher kommt dieser Name? Und was möchtest du den Leuten auf deinem Kanal mitteilen?
Mir hat einfach der Name gefallen. Aber vielleicht kommt er daher, weil es in meinem Zimmer immer aussieht, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Mitteilen möchte ich nichts Spezielles. Ich will die Leute einfach unterhalten.

Was kannst du besonders gut?
Zeichnen, Quatsch machen, fotografieren. Als Abschlussarbeit der Anlehre von «MitMänsch» habe ich ein Fotobuch über Strassen und Wege in Zermatt erstellt. Und ich mache viel mit Bügelperlen. Die Idee dafür kam von Mama. Weil ich den Leuten, die mir unterwegs helfen oder nett sind zu mir, gerne etwas schenke, aber Schokolade einfach zu schnell schmilzt, mache ich nun alle möglichen Figuren aus Bügelperlen: Eulen, Schildkröten, Füchse, Sterne oder Olaf, den Schneemann aus dem Film «Die Eiskönigin».

Was machst du gerne?
Früh aufstehen, auch am Wochenende. Die Leute sagen: «Morgenstund’ hat Gold im Mund». Allerdings habe ich bisher noch kein Gold gefunden. Ausserdem mache ich sehr gerne Ausflüge und entdecke die Schweiz.

Worauf bist du besonders stolz?
Für meinen Geburtstag dieses Jahr habe ich mir gewünscht, 35 000 Schritte zu laufen. Geschafft habe ich dann 35 349 Schritte. Das sind ungefähr 21 Kilometer. Ich laufe sehr gerne, mal mit dem Rollator, mal mit einem Stock. Den Rollstuhl haben wir inzwischen in den Keller gebracht und können ihn irgendwann weggeben.

Was möchtest du gerne als Beruf machen?
Irgendetwas, womit man viel Geld verdienen kann. Vielleicht Ingenieur.

Wenn du eine Superkraft haben könntest, welche würdest du wählen?
Ich wünsche mir einen Rachezauber gegen alle, die mich plagen und schikanieren.

Hast du einen Traum im Leben?
Ich würde gerne mal in ein Unterwasserhotel in Dubai. Das habe ich auf Youtube gesehen. Und nach Österreich und nach Mallorca. Für meinen Youtube-Kanal wünsche ich mir ein paar Millionen Abonnent*innen. Ich wünsche mir, 40 000 Schritte zu laufen und Englisch sprechen zu können. Und ich wünsche mir, endlich eine Freundin zu finden. Vielleicht brauche ich dazu auch noch einen Liebeszauber als Superkraft.

Erzähl uns eine Anekdote aus deinem Leben.
Da war eine Frau mit grünen Haaren im Zug. Als ich draussen auf dem Perron die Frau entdeckte, habe ich mitten im Sommer ganz laut «Oh, Tannenbaum» gesungen. Meine Mama wäre am liebsten vor Scham im Boden versunken.

Was bedeutet für dich Inklusion?
Dass wir alle zusammen Party machen.