Nein zur No-Billag-Initiative: Leistungen für Menschen mit Sinnesbehinderungen gefährdet

Der Zentralvorstand von Procap hat für die Abstimmung über die No-Billag-Volksinitiative die Nein-Parole beschlossen. Procap befürchtet, dass Menschen mit Sinnesbehinderungen den Zugang zu Informationen im Fernsehen verlieren, wenn die Initiative am 4. März angenommen wird.

Die eidgenössische Volksinitiative «Ja zur Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren» (No-Billag-Initiative) will die Empfangsgebühren für Radio und Fernsehen abschaffen. Konzessionierte Radio- und Fernsehveranstalter finanzieren aber heute ihre Leistungen für Menschen mit Sinnesbehinderungen ausschliesslich über die Gebühren. Procap ist der Ansicht, dass es in der Schweiz im Medienbereich einen umfassenden Service public braucht, damit für Menschen mit Behinderungen der Zugang zu Informationen gewährleistet ist. Sie lehnt die Initiative, die am 4. März zur Abstimmung kommt, daher klar ab.

Untertitelung, Gebärdensprache und Audiodeskription
Zu den über die Empfangsgebühren finanzierten Leistungen der SRG gehören die Untertitelung von rund der Hälfte der Fernsehsendungen des Schweizer Fernsehens SRF sowie die Übersetzung von Sendungen wie “Tagesschau“, „Meteo“ oder „Kassensturz“ in Gebärdensprache. Damit erhalten Menschen mit Hörbehinderungen Zugang zum regulären Informations- und Unterhaltungsprogramm. SRF bietet zudem für blinde und sehbehinderte Zuschauer/-innen Sendungen mit Bildkommentaren (Audiodeskription) an. Darin wird die Handlung im Detail beschrieben, so dass sehbehinderte Personen das Geschehen auch ohne Bild mitverfolgen können.

Fallen die Gebühren weg, drohen diese Leistungen dem Rotstift zum Opfer zu fallen. Menschen mit einer Hör- und Sehbehinderung hätten dann keinen direkten Zugang mehr zu den aktuellen Informationen des Schweizer Fernsehens. Dies verletzt die UNO-Behindertenrechtskonvention (UNO-BRK). Diese verbietet eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen bei der Teilhabe am öffentlichen Leben und verpflichtet die Schweiz, den Zugang zu Informationen sicherzustellen.

Neues Abkommen gefährdet
Im September 2017 unterzeichneten die Organisationen der Menschen mit Sinnesbehinderungen eine neue Vereinbarung mit der SRG: Von 2018–2022 soll die Anzahl Sendungen in Gebärdensprache, mit Untertitelung und Audiodeskription markant erhöht werden. Diese Vereinbarung ist existenziell gefährdet, wenn die Gebühren abgeschafft werden, da die SRG dann ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen könnte.

Freier Wettbewerb genügt nicht
Der «freie Wettbewerb» ist keine geeignete Massnahme, um den Zugang zu Informationen für Menschen mit einer Sinnesbehinderung zu gewährleisten. Bisher hat der Wettbewerb nicht dazu geführt, dass die Privatsender ihre Sendungen freiwillig untertitelt oder in Gebärdensprache übersetzt haben. Seit April 2017 müssen die privaten konzessionierten Regionalfernsehen zwar ihre Hauptnachrichten untertiteln. Sie tun dies aber nur, weil sie im neuen Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) dazu verpflichtet sind – und Gebühren dafür erhalten. Ohne diesen Druck dürften die Untertitelungen auch bei den Privaten wieder abgeschafft werden.

Mit ihrem radikalen Vorschlag gefährden die Initianten/-innen der No-Billag-Initiative die Solidarität zwischen Menschen mit und ohne Behinderungen, zwischen den Regionen und kulturellen Minderheiten. Die Gefährdung der Existenz der gebührenfinanzierten Medien würde die durch die Bundesverfassung garantierten Informationsrechte der Bevölkerung grundsätzlich in Frage stellen. Kurz: Ohne Gebühren kein Fernsehen für Menschen mit Sinnesbehinderungen und kein Informationszugang entsprechend der Bundesverfassung und der UNO-BRK.


Bild Copyright: SRG


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