Wie werden Wohnen, Pflege und Betreuung finanziert?

Unsere 16-jährige Tochter besucht die heilpädagogische Schule und wird später vermutlich eine praktische Ausbildung machen können. Danach wird sie wahrscheinlich im zweiten Arbeitsmarkt arbeiten. Offen ist, ob sie später in einem institutionellen Rahmen oder eher privat wohnen wird. Wie beeinflusst die Wohnform die Leistungen, die sie künftig erhält?

Es gibt keine einheitliche Versicherung oder Leistungskategorie, welche die Finanzierung der künftigen Lebensform vollständig abdeckt. Ihre Tochter wird als Erwachsene verschiedene Leistungen beziehen und mit diesen ihren Lebensunterhalt finanzieren. Diese Leistungen sind teilweise auch von der konkreten Lebensform abhängig. Ich gehe nachfolgend auf die wichtigsten Bausteine ein.

Je nach Wohnform verschieden

Die IV-Rente ist nicht zweckgebunden und auch nicht von der Lebensform abhängig.

Die Hilflosenentschädigung (HE) wird bei Erwachsenen pauschal jeden Monat ausgerichtet. Die Höhe des Betrags ist abhängig von der Wohnform. Für Menschen, die nicht in Institutionen wohnen, steht sie zur freien Verfügung und kann etwa zur Finanzierung der Betreuung eingesetzt werden. Wenn Ihre Tochter hingegen in einer Institution lebt, beträgt die HE nur ein Viertel des vollen Ansatzes. Zudem wird sie bei den Ergänzungsleistungen als Einnahme angerechnet und muss damit für die Heimfinanzierung verwendet werden.

Die Berechnung der Ergänzungsleistungen ist stark von der Wohnform abhängig. Bei Personen, die ausserhalb eines Heims wohnen, werden – neben KK-Prämie und AHV-Beitrag – eine Miete und ein Betrag für den allgemeinen Lebensbedarf als Ausgabe anerkannt. Demgegenüber werden bei Heimbewohner*innen ausgabenseitig anstelle der Miete eine Heimtaxe und anstelle des allgemeinen Lebensbedarfs ein Betrag für die persönlichen Auslagen eingerechnet.

Ein Assistenzbeitrag ist nur möglich für Menschen mit einer HE, die nicht in Institutionen wohnen.

Diverse zusätzliche Leistungen

Pflegerische Handlungen wie zum Beispiel eine Unterstützung beim Duschen können zum Teil über die Krankenversicherung abgerechnet werden, wenn die Spitex beigezogen wird. Gewisse Spitex-Organisationen ermöglichen dazu auch eine Anstellung von Angehörigen.

Die Ergänzungsleistungen vergüten zudem bis zu bestimmten Höchstbeträgen Krankheits- und Behindertenkosten. Darunter fallen unter anderem Ausgaben für Hilfe, Pflege und Betreuung zu Hause sowie in Tagesstrukturen. Die konkrete Ausgestaltung ist kantonal unterschiedlich. Sie kann aber den Assistenzbeitrag ergänzen. So können unter Umständen Angehörige wie die Eltern oder Organisationen wie die Spitex und Entlastungsdienste entschädigt werden. Zudem ist es damit – wie beim Assistenzbeitrag – möglich, Angestellte für Pflege, Betreuung oder auch Hausarbeit zu finanzieren. Der Assistenzbeitrag muss aber grundsätzlich zuerst eingesetzt werden.

Wenn bauliche Anpassungen in der Wohnung oder andere Hilfsmittel nötig sind, können diese Kosten bei der IV beantragt werden, sofern sie notwendig und verhältnismässig sind.

Unter dem Begriff der Subjektfinanzierung werden aktuell in einigen Kantonen noch weitere Leistungen eingeführt, die insbesondere die Betreuung für Menschen, die zu Hause leben, verbessern soll.

Welche dieser zahlreichen Bausteine bei Ihrer Tochter zur Anwendung kommen und wo diese anzumelden sind, klären Sie am besten in einer Beratung auf der regionalen Beratungsstelle von Procap.

Daniel Schilliger Rechtsanwalt