«Wie viel kann ich neben der Rente verdienen?»

Nach meiner schweren Krankheit habe ich mithilfe der IV eine Umschulung zum technischen Kaufmann absolviert. Trotz der neuen Tätigkeit im Büro bleibe ich zu 40% arbeitsunfähig. Die IV hat mir eine Viertelsrente zugesprochen. Nun habe ich eine Anstellung als technischer Kaufmann gefunden. Was muss ich beim Arbeitsvertrag beachten?

Beim Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags fragen unsere Mitglieder oft, wie viel sie verdienen können, ohne die Rente zu gefährden. Wichtig ist in erster Linie, dass der Wiedereinstieg oder eine Erhöhung des Pensums mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin abgesprochen ist. Es sollten keine ärztlichen Bedenken bestehen, dass Sie das Pensum auch leisten können. Besteht eine Unsicherheit, empfehlen wir Ihnen einen schrittweisen Einstieg mit langsamer Erhöhung des Pensums.

Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob die Anstellung eine Auswirkung auf eine bereits zugesprochene Rente hat. Für die Höhe der Rente ist in erster Linie nicht das Pensum, sondern der Lohn entscheidend. Zudem richtet sich die Höhe der Rente nach dem IV-Grad. Um diesen zu berechnen, vergleicht die IV das Einkommen, das Sie ohne Beeinträchtigung verdienen würden respektive zuvor verdient haben, mit dem nun noch möglichen Einkommen.

Meldepflicht

Beim Einkommen mit Beeinträchtigung berücksichtigt die IV den aktuellen Bruttolohn inklusive 13. Monatslohn, Boni und ausbezahlter Überstunden. Gemäss dem Anhang zu Ihrer IV-Verfügung geht die IV davon aus, dass Sie mit Beeinträchtigung einen Lohn von 48 630 Franken pro Jahr verdienen können. Da der neue Lohn gemäss dem Arbeitsvertrag darunter liegt, hat die neue Anstellung keine Auswirkung auf die zugesprochene Rente.

Wichtig ist, dass Sie die Arbeitsaufnahme der IV wie auch der Ausgleichskasse melden (falls Sie Ergänzungsleistungen beziehen) und der Pensionskasse, die Ihnen eine Rente aus der zweiten Säule bezahlt. Gegenüber diesen Versicherungen haben Sie eine Meldepflicht und dieser müssen Sie nachkommen.

Alte Pensionskasse – neue Pensionskasse

Beim neuen Arbeitgeber sind Sie ebenfalls an eine Pensionskasse angeschlossen. Die neue Pensionskasse wird für die vorbestehende Arbeitsunfähigkeit jedoch keine Leistungen erbringen, da die alte Pensionskasse dafür zuständig bleibt.

Ebenfalls angeben sollten Sie bei der neuen Pensionskasse, dass Sie eine IV-Rente erhalten, da sich dadurch der versicherte Lohn erhöht. Anhand des Vorsorgeausweises der Pensionskasse des neuen Arbeitgebers sollten Sie überprüfen, ob die Pensionskasse einen tieferen Koordinationsabzug berücksichtigt. In der obligatorischen beruflichen Vorsorge beträgt der Koordinationsabzug seit Anfang 2019 maximal 24 885 Franken. Das Gesetz sieht vor, dass sich bei Bezügern einer IV-Rente der Grenzbetrag entsprechend reduziert. Bei Bezügern einer Viertelsrente werden also lediglich drei Viertel des Koordinationsabzugs berücksichtigt. Bei Ihnen ist somit der versicherte Lohn jener Betrag, der über 18 664 Franken liegt.

Neben dem Koordinationsabzug wird auch die Eintrittsschwelle reduziert, die seit Anfang 2019 21 330 Franken beträgt. Gerade Personen mit einer höheren IV-Rente, einem kleinen Pensum und einem tieferen Lohn wären sonst nicht bei der beruflichen Vorsorge versichert. Es ist wichtig, darauf zu achten, dass die Unterstellung unter die berufliche Vorsorge bei IV-Rentenbezügen bereits bei einem tieferen Lohn vorgenommen wird. Bezüger einer ganzen IV-Rente sind jedoch – auch wenn sie weiterhin ein Einkommen erzielen – nicht mehr im Rahmen der zweiten Säule versichert.

Es gibt einiges zu berücksichtigen und zu prüfen. Wir empfehlen Ihnen, bei der für Sie zuständigen regionalen Procap-Beratungsstelle zu melden.

Irja Zuber, Rechtsanwältin