Vereinbarkeit Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung

Vereinbarkeit Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung

Die Situation von betreuenden und pflegenden Angehörigen wird endlich verbessert

Mit einer deutlichen Mehrheit stimmte der Nationalrat für die Annahme von vier Massnahmen, mit denen die Vereinbarkeit der Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung verbessert wird. Zusätzlich nahm er heute eine wichtige Korrektur betreffend der im März verabschiedeten EL-Reform an, dank derer das gemeinschaftliche Wohnen für EL-Beziehende zukünftig bezahlbar bleibt.
 
Procap Schweiz ist sehr erfreut über den Entscheid des Parlaments zum Bundesgesetz zur «Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung», mit dem künftig Personen entlastet werden können, die zusätzlich zur Erwerbstätigkeit auch Angehörige betreuen. Nachdem der Ständerat vergangene Woche den vier Massnahmen einstimmig zugestimmt hatte, nahm heute auch der Nationalrat die Vorlage an. Diese Massnahmen umfassen einen 14-wöchigen Betreuungsurlaub für Eltern, die ihr schwer krankes oder verunfalltes Kind pflegen, die Möglichkeit, bis zu zehn Tage pro Jahr (maximal drei Tage pro Ereignis) zur Pflege und Betreuung von Angehörigen bezahlt frei zu nehmen sowie Anpassungen bei den AHV-Betreuungsgutschriften, welche die heutigen familiären Realitäten zwar nach wie vor unvollständig, aber dennoch verbessert berücksichtigen.

Besonders begrüsst Procap Schweiz auch die Entscheidung, mit der Vorlage die Situation von Familien mit Kindern mit Behinderungen zu verbessert, indem endlich der Anspruch auf Hilflosenentschädigung (HE) und der Intensivpflegezuschlag (IPZ) bei Kindern im Spital angepasst wird. Procap Schweiz setzte sich seit Jahren stark dafür ein, dass bei Kindern diese Entschädigungen nicht mehr ab dem ersten Spitaltag gestrichen werden. «Wir sind sehr erleichtert, dass künftig HE und IPZ bei Präsenz der Eltern im Spital auch bei längeren Aufenthalten der Kinder bezahlt werden. Mit dieser Anpassung werden Kinder mit Behinderungen und ihre Familien nicht länger während den besonders zehrenden Spitalaufenthalten zusätzlich finanziell belastet», sagt Sara Schmid, Verantwortliche Sozialpolitik bei Procap Schweiz.

Parlament ermöglicht gemeinschaftliches Wohnen für EL-Beziehende
Das Parlament nutzte diese Vorlage auch, um einen unbeabsichtigten Fehler aus der im März 2019 abgeschlossenen, aber noch nicht in Kraft getretenen Revision der Ergänzungsleistungen zu korrigieren. Procap Schweiz hatte sich auf verschiedenen Ebenen stark für eine Korrektur eingesetzt. Diese betrifft betreuende Angehörige, welche mit den betroffenen EL-Beziehenden in derselben Wohnung leben. Durch die nun angenommene Formel bei der Berechnung der Mietzinsbeträge werden gemeinschaftliche Wohnformen für EL-Beziehende wieder möglich und bezahlbarer. «Die Ansätze bleiben knapp, aber mit dieser Anpassung können viele EL-Beziehende in ihrem stabilen Wohnumfeld bleiben und sind nicht gezwungen in teurere, aber besser finanzierte Einpersonenhaushalte umzuziehen», sagt Alex Fischer, Bereichsleiter Sozialpolitik bei Procap Schweiz.

Wichtiger erster Schritt – Handlungsbedarf bleibt bestehen
Die Vorlage ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, allerdings bleiben viele Betroffene von den Massnahmen ausgeschlossen. Beispielsweise ändert sich die schwierige Situation von erwerbstätigen Erwachsenen, die ihre schwer erkrankten Eltern oder Partner pflegen, durch die Vorlage kaum. Doch auch sie bräuchten die Möglichkeit, einen Betreuungsurlaub in Anspruch nehmen zu können. Die beschlossenen Massnahmen sind zudem in vielen Fällen ungenügend – so braucht ein krebskrankes Kind die enge Betreuung seiner Eltern in der Regel weit über 14 Wochen. Und nicht zuletzt leiden immer mehr pflegende und betreuende Angehörige unter der hohen Doppelbelastung zwischen Beruf und Pflege. Daraus resultieren oftmals negative gesundheitliche Folgen, die sich wiederum erschwerend auf die eigene Erwerbstätigkeit und Pflegefähigkeit auswirken.

Das Parlament hat am 20. Dezember 2019 das Bundesgesetz über die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenpflege in der Schlussabstimmung angenommen. Procap Schweiz setzt sich weiterhin gemeinsam mit der Interessengemeinschaft Angehörigenbetreuung (IGAB) für die Interessen der Betroffenen ein.

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