Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen
Basierend auf der Motion «Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen» der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats von 2018 wurde der Bundesrat beauftragt, dem Parlament einen Vorschlag zur Gesetzesänderung vorzulegen, welche die Finanzierung von betreutem Wohnen über Ergänzungsleistungen (EL) zur AHV sicherstellt, sodass Heimeintritte für betagte Menschen verzögert oder vermieden werden können. Procap forderte in der darauffolgenden Vernehmlassung, dass diese Leistungen auch für Personen zugänglich sind, die noch nicht im AHV-Alter sind und EL zur IV-Rente erhalten. Der Bundesrat hat sich im Mai 2024 dafür ausgesprochen. Sehr erfreut über diesen Etappenerfolg setzte sich Procap im Weiteren für eine Verbesserung bei den Zuschlägen für Rollstuhl und Nachtassistenz ein - und dies mit grossem Erfolg.
Procap hat sich im politischen Prozess dafür eingesetzt, dass neben Bezüger*innen von EL zur AHV auch Bezüger*innen von EL zur IV verbesserte gesetzliche Grundlagen erfahren. Aus Gründen der Gleichbehandlung von Menschen verschiedenen Alters mit vergleichbarem Unterstützungsbedarf beim Wohnen, setzte sich Procap dafür ein, dass das betreute Wohnen auch auf den IV-Bereich ausgeweitet wird. Der UNO-Ausschuss hat die Schweiz zudem im März 2022 aufgefordert, Menschen mit Behinderungen ein Leben ausserhalb eines Heimes zu ermöglichen (vgl. Medienmitteilung von Inclusion Handicap vom 31.03.2022 Link öffnet in neuem Fenster.).
Erfreulicherweise hatte der Bundesrat im Mai 2024 beschlossen, dass auch Bezüger*innen einer IV-Rente mit EL Anspruch auf Leistungen für betreutes Wohnen haben sollen.
Um Finanzierungslücken bei Personen in Wohngemeinschaften zu verhindern, hat sich Procap im Vernehmlassungsprozess auch für Verbesserungen bzgl. Nachtassistenz-Zimmer und Rollstuhlzuschlag eingesetzt. Denn seit der Reform der EL im Jahr 2021 wurden die maximalen Mietzinsen für Einzelpersonen und Familien zwar erhöht, die maximalen Mietzinsen für Personen in gemeinschaftlichen Wohnformen, die keine gemeinsame EL-Berechnung haben, jedoch gesenkt. Seit dem 1.1.2021 gelten für diese Personen niedrigere Mietzinsmaxima, spätestens seit Ablauf der dreijährigen Übergangsfrist am 1.1.2024. Für Personen in WG, die auf einen Rollstuhl und/oder nächtliche Assistenz angewiesen sind, hatte diese Regelung ab dem 1.1.2024 problematische Folgen: Sie müssen ihre barrierefreie und oft individuell angepasste Wohnung aus finanziellen Gründen aufgeben. Da es nur wenige barrierefreie Wohnungen gibt, finden sie kaum günstigere Alternativen, was oft zu Heimeintritten führt. Nur eine Anpassung der gesetzlichen Grundlagen kann dies verhindern. Und dies ist mit äusserst wichtigen Entscheiden im Juni 2025 erfolgreich geglückt.
Parlament stärkt das betreute Wohnen auch für IV-Bezüger*innen
Im Juni 2025 hat das Parlament Verbesserungen im Bereich der Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen (Ergänzungsleistungsgesetz zur Hilfe und Betreuung zu Hause; Geschäft 24.070 Link öffnet in neuem Fenster.) beschlossen. Für Menschen mit Behinderungen sind neben dem Leistungskatalog für das betreute Wohnen zudem die nachfolgenden Beschlüsse sehr erfreulich:
- Verbesserungen für Menschen mit Nachtassistenz und bei WGs von Menschen mit Rollstuhl: Das Parlament hat Verbesserungen für Menschen mit Nachtassistenz und für Personen mit Rollstuhl in Wohngemeinschaften beschlossen: Personen mit einer Nachtassistenz müssen der Assistenzperson in der Nacht ein Zimmer zur Verfügung stellen können, dies wird nun berücksichtigt: in der EL-Berechnung gibt es bei den Wohnkosten zukünftig einen Zuschlag von bis zu CHF 500.00 pro Monat für ein Nachtassistenzzimmer. Mit diesem können Personen mit einem Assistenzbeitrag der IV ihrer Nachtassistenzperson ein Zimmer zur Verfügung stellen.
Auch beim Rollstuhlzuschlag gibt es wichtige Korrekturen: Aktuell wird der Rollstuhlzuschlag für die Miete einer rollstuhlgängigen Wohnung auf alle WG-Bewohner*innen aufgeteilt, also auch auf diejenigen, die gar keinen Rollstuhl benötigen. Neu wird er auf jene Personen aufgeteilt, die einen Anspruch haben, was Betroffenen zugute kommt. Zudem wird der Zuschlag neu bei mehr als einer Person im Rollstuhl im selben Haushalt bis zu zweimal berücksichtigt, was durch den doppelten Platzbedarf gerechtfertigt ist.
Diese wesentlichen Verbesserungen unterstützen das selbstbestimmte Wohnen und verhindern Heimeintritte.
- Pro rata-Vergütung für gemischte Wohnformen: Das Parlament hat sich auch dafür ausgesprochen, dass Personen, die teilweise in einer Institution und teilweise zu Hause leben, Leistungen für das betreute Wohnen in Anspruch nehmen können. Flexible Wohn- und Betreuungsformen – sogenannte Mischformen – sollen also besser berücksichtigt werden. Das ist zentral für Menschen mit Behinderungen oder Menschen im Alter, die z. B. trotz institutioneller Wohnform einige Tage im privaten Kontext leben – etwa auf dem Weg zu mehr Selbstbestimmung. Dank der nun beschlossenen «pro rata»-Regelung wird das System durchlässiger und offener für Mischformen. Dies ist ein wichtiger Schritt hin zu einer bedarfsgerechten Abgeltung solcher Angebote und zu mehr Selbstbestimmung im Alltag.
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Weiterführende Dokumente
- Procap Stellungnahme vom 19.10.2023 Link öffnet in neuem Fenster.
- Medienmitteilung des Bundesrates vom 8.5.2024 Link öffnet in neuem Fenster.
- Medienmitteilung des Bundesrates vom 21.6.2023 Link öffnet in neuem Fenster.
- Motion 18.3716 der SGK-N von 2018 Link öffnet in neuem Fenster.
Gesammelte Medienbeiträge zum Thema Ergänzungsleistungen
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