Kunst begleitet uns seit jeher. Sie berührt, drückt Gefühle aus, spiegelt gesellschaftliche Entwicklungen und fördert unser Wohlbefinden. Kunst kann auch Inklusion fördern, indem sie Barrieren abbaut, Teilhabe ermöglicht und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt.
Text Miriam Hürlimann Illustrationen Anja Birrer
Schon immer haben Menschen Kunst geschaffen und geschätzt – sie ist ein fester Bestandteil des Lebens, unabhängig von Herkunft, Kultur oder Überzeugungen. Das zeigt sich in allem, von frühen Höhlenmalereien bis hin zu alten Musikinstrumenten. Ob Musik, Tanz, Gedichte, Filme, Gemälde oder Graffiti – künstlerischer Ausdruck ist überall zu finden. Kunst ist aber nicht nur ein wesentlicher Bestandteil, ein Spiegel und Gestalter von Kultur, sondern auch ein Ausdruck des menschlichen Seins in all seinen Facetten.
Kunst tut gut
Auf persönlicher Ebene hat Kunst eine tiefgreifende Wirkung. Sie kann Emotionen wecken, Trost spenden, inspirieren und zum Denken anregen. Kunst hilft, Erlebtes zu verarbeiten, stärkt die Vorstellungskraft und fördert kreative Problemlösungen. Sie kann helfen, Stress abzubauen, Leiden zu lindern, und sie kann therapeutisch wirken, indem sie persönliche Ausdrucksmöglichkeiten schafft und innere Prozesse sichtbar macht. Viele Menschen nutzen zum Beispiel Musik, um sich bei Traurigkeit oder Angst besser zu fühlen. Selbst Kunst zu erschaffen oder aufzuführen, kann befreiend und erfüllend sein.
Studienergebnisse belegen das
Eine Untersuchung der Universität Wien aus dem Jahr 2022 zeigt, dass bereits ein kurzer Besuch einer Online-Kunstausstellung, zugänglich über Smartphone, Tablet oder Computer, zu einer verbesserten Stimmung, reduzierter Angst und geringerer Einsamkeit führen kann. Eine im Journal «Frontiers in Public Health» veröffentlichte britische Studie besagt, dass Menschen, die sich künstlerisch oder handwerklich betätigen, eine höhere Lebenszufriedenheit aufweisen als diejenigen, die dies nicht tun. Diese Studien verdeutlichen, dass sowohl das aktive künstlerische Schaffen als auch das Betrachten von Kunst unser Wohlbefinden positiv beeinflussen können.
Kunst als Weg zur Inklusion
Kunst kann auch Inklusion fördern, indem alle Menschen – unabhängig von Einschränkungen, Herkunft oder Gesellschaftsschicht – Zugang zu ihr erhalten. Sie kann Teilhabe fördern, Barrieren abbauen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Inklusive Kunst- und Kulturprojekte bringen Menschen mit und ohne Behinderungen zusammen, ermöglichen kreative Entfaltung und fördern den Dialog. So wird Kunst nicht nur zum Mittel des Ausdrucks, sondern auch zur Brücke für mehr Verständnis, Akzeptanz und Gleichstellung. In der Schweiz gibt es zahlreiche Projekte und Initiativen, die Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit bieten, sich künstlerisch zu betätigen und aktiv am kulturellen Leben teilzunehmen. Diese vielfältigen Angebote tragen dazu bei, die Kunstszene inklusiver zu gestalten. Wir möchten einige davon genauer vorstellen.
Angebote
Das von Procap Schweiz ins Leben gerufene Atelier de mouvement inclusif im Théâtre Sévelin 36 in Lausanne ermöglicht es Teilnehmer*innen ab 16 Jahren, in einem wohlwollenden Umfeld die verschiedenen Facetten von Bewegung zu erforschen. Unter professioneller Leitung wird unter anderem gemeinsam getanzt, improvisiert, der Körper mobilisiert und gestärkt. Das Angebot ist gratis und findet noch das ganze Jahr statt. Bei Interesse kann man sich bei Eleonore Paupe via E-Mail eleonore.paupe@procap.ch oder telefonisch unter 032 328 73 03 melden.
Das Living Museum ist ein offener und farbenfroher Ort, der freies künstlerisches Schaffen in einem geschützten Raum ermöglicht. Menschen mit psychischen Herausforderungen können ihre Kreativität in Ateliers entfalten und vielfältige Kunstformen wie Malerei, Fotografie, Skulptur, digitale Kunst, darstellende Kunst und Musik entdecken.
Ein Living Museum bietet neben der nötigen Infrastruktur auch fachkundige Begleitung aus Kunst, Psychologie und Pädagogik. Das Angebot richtet sich an alle – von Anfänger*innen bis zu erfahrenen Künstler*innen. Das ursprüngliche Konzept wurde 1983 in New York von Dr. Janos Marton entwickelt und in der Schweiz von Dr. Rose Ehemann in Wil, St. Gallen, weiterentwickelt. Weitere Informationen sowie die Living-Museum-Standorte sind auf der Website der Living Museum Society zu finden: living-museum.com/de Link öffnet in neuem Fenster.
Der Verein BewegGrund aus Bern fördert den inklusiven Tanz und bietet vielfältige Möglichkeiten zur aktiven Teilnahme für Menschen mit und ohne Behinderungen – und dies bereits seit den 90er-Jahren. In den monatlich stattfindenden inklusiven Tanztrainings in Thun können bewegungs- und tanzbegeisterte Menschen ab 14 Jahren mit und ohne Behinderungen mitmachen. Diese Trainings richten sich an alle, die sich für Tanz, Bewegung und Improvisation interessieren, unabhängig von ihren körperlichen Voraussetzungen. Zudem organisiert BewegGrund regelmässig Workshops für Erwachsene und Kinder, die einen Einstieg in den inklusiven Tanz bieten. Für diejenigen, die sich intensiver engagieren möchten, besteht die Möglichkeit, Teil der Performancegruppe zu werden und an Produktionen mitzuwirken. beweggrund.org Link öffnet in neuem Fenster.
Danse Habile ist ein Tanzensemble mit Sitz in Genf, das sich auf inklusiven Tanz spezialisiert hat. Das Ensemble bringt Menschen mit und ohne Behinderungen zusammen, um gemeinsam Tanzprojekte zu realisieren. Es steht allen offen, die Interesse am Tanz haben, unabhängig von Alter, Geschlecht oder körperlichen Fähigkeiten. Das Hauptziel des Ensembles ist es, die Freude am Tanz zu teilen und die Integration von Menschen mit Behinderungen in die darstellenden Künste zu fördern. Informationen über aktuelle Projekte, Probenzeiten und Teilnahmevoraussetzungen sind auf der Website danse-habile.ch Link öffnet in neuem Fenster. zu finden.
Musik trotz allem ist eine Musikschule in Basel, die sich besonders an Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen richtet. Sie hat Pioniercharakter und ermöglicht den Schüler*innen das Erlernen eines Musikinstruments und das gemeinsame Musizieren. musik-trotz-allem.ch Link öffnet in neuem Fenster.
Ein weiteres bemerkenswertes Projekt – auch in Basel daheim – ist die Schule für ungehinderte Musik (SFUM), die sich an Musiker*innen mit einer geistigen Behinderung richtet. Hier lernen die Teilnehmer*innen das Zusammenspiel im Ensemble und können ihre musikalischen Fähigkeiten kontinuierlich weiterentwickeln. sfum.ch Link öffnet in neuem Fenster.
Als Pionierin inklusiver Kultur und innovativer Sozialarbeit ist die Heitere Fahne in Wabern bei Bern stark im Bereich Theater engagiert und bietet eine breite Palette an inklusiven und experimentellen Theaterprojekten. Die Heitere Fahne bietet zudem wöchentliche Theaterateliers an, die allen Interessierten offenstehen. Dieses und noch viele weitere Angebote sind auf dieheiterefahne.ch Link öffnet in neuem Fenster. zu finden.