Text und Fotos Ariane Tripet
Leise plätschert das Wasser gegen die Boote: Es ist 10 Uhr morgens im Hafen von Prangins. Der Sommer scheint sich an diesem Herbsttag noch nicht ganz verabschieden zu wollen. Das Wasser des Genfersees glitzert im Sonnenlicht. Die Boote – drei Segelboote und ein Motorboot – stehen bereit, um in See zu stechen. Am Kai warten zudem mehrere Personen mit Schwimmwesten. Auch sie sind bereit, um an Bord zu gehen. Unter ihnen: vier Mitglieder von Procap Lausanne, drei Begleitpersonen, vier Segellehrpersonen sowie Yvana Von Allmen, die neue Animationsleiterin der Sektion.
Die Nervosität ist spürbar. Aber Maud Ramuz, die Leiterin von Swiss Disabled Sailing (SDS) – Handivoile, und ihre Kollegen wissen, was zu tun ist. Nach den ersten Informationen und einigen humorvollen Erzählungen werden drei Duos gebildet. Wenig später machen sie sich in Begleitung eines Betreuenden auf den Weg zu den Segelbooten. Für den Einstieg braucht es Mut, da alles etwas schaukelt. Gerade für den Gast Maurice, der im Rollstuhl sitzt, ist das eine Herausforderung. Für den Übergang vom Rollstuhl ins Boot braucht es Vertrauen. Denn zunächst muss er sich in einen Transfergurt setzen. An einem Seil befestigt, wird er dann mithilfe eines Hebegeräts angehoben. Das System funktioniert über einen Drehmechanismus. Sein Betreuer beobachtet und kümmert sich um den sicheren Einstieg.
Schliesslich verlässt die fröhliche Truppe den Hafen. Die leichte Brise ist ideal. Mit strahlenden Augen vertraut Gabriel (Name von der Redaktion geändert) den Anwesenden an: «Ich steuere zum ersten Mal ein Segelboot.» Den Anweisungen des Lehrers folgend, setzt der 22-Jährige das Vorsegel, indem er kräftig am Seil zieht. Dann dreht er das Ruder und steuert damit das Boot. Dabei achtet er weiterhin besonders auf das aufgespannte Segel. Wenn man ihn so beobachtet, könnte man meinen, er mache das schon sein ganzes Leben lang.
Seine Mutter beobachtet ihn vom Einsatzboot aus. Sie freut sich, dass ihr Sohn neue Aktivitäten entdeckt. Da er zu Hause lebt, ist sie jeweils dafür zuständig, ein Programm zu organisieren. Das sei nicht immer einfach. Es gebe nur wenige Tagesaktivitäten für Menschen mit Behinderungen, die nicht in einer Einrichtung lebten. Als sie das Aktivitätenprogramm 2025 von Procap Lausanne mit verschiedenen Terminen erhalten habe, sei sie deshalb begeistert gewesen und habe ihren Sohn für mehrere Ausflüge angemeldet. «Das ist für ihn eine Gelegenheit, neue Leute kennenzulernen, Freunde zu finden und an Aktivitäten teilzunehmen, die er sonst nicht machen würde», sagt sie.
Nach rund einer Stunde kehren die Segelboote langsam zum Hafen zurück. Das Motorboot muss der Mannschaft helfen, da der schwache Wind für die Rückfahrt nicht mehr ausreicht. Die Sonne scheint immer noch. An Land erwartet die Teilnehmer*innen ein kleiner Imbiss, zubereitet von Yvana Von Allmen. Die Stimmung ist ausgelassen und die gute Laune ungebrochen. Alle zeigen sich vom Erlebnis begeistert: «Es ist ein Glück, solche Momente erleben zu dürfen», sagt Maud Ramuz. «Wir möchten das Segeln für alle zugänglich, sicher und angenehm gestalten. Solche Ausflüge dienen dazu, sich mit der Welt des Segelns vertraut zu machen.» Der Verein SDS wurde genau deswegen gegründet und fördert das behindertengerechte Segeln auf dem Genfersee.
Der Ausflug war Teil des vielfältigen Veranstaltungsprogramms von Procap Lausanne. Yvana Von Allmen organisierte 2025 bereits zwanzig Aktivitäten: Spaziergänge, sportliche Aktivitäten, kreative Workshops oder kulturelle Ausflüge. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei. «Die Idee ist jeweils, hindernisfreie Aktivitäten anzubieten, die vor allem sinnvoll sind und den Austausch fördern», sagt sie. «Indem wir ausserhalb des Alltags gemeinsame Erfahrungen sammeln, schaffen wir Verbindungen und erweitern unseren Horizont.» Von Allmen kam erst dieses Jahr zur Sektion Procap Lausanne und hegt den Wunsch, das Angebot noch dynamischer zu gestalten. Sie will jedem Mitglied wertvolle Momente ermöglichen, auf individuelle Bedürfnisse eingehen und gleichzeitig die Selbstständigkeit und den sozialen Austausch fördern.





