Text Cynthia Mira, Fotos Jan Hürzeler
Ich fühle mich wie in den Ferien», schwärmt Christian. Das liege daran, dass Französisch gesprochen werde und dass seit der Ankunft herrliches Wetter herrsche. Die Nähe zum See sei das Highlight der Jugendherberge. Das bestätigt auch Tochter und Procap-Mitglied Lena: «Mir gefällt das leckere Essen und dass es schon mehrmals ein Eis gab. Zudem gingen wir oft schwimmen.» Letzteres erwies sich in Montreux mit einer Gehbehinderung allerdings als schwierig. Weit und breit gibt es keine einzige barrierefreie Badestelle. Lena, die mit einer Cerebralparese zur Welt kam, lässt sich aber vom steinigen Gelände nicht beirren. Für den Sprung ins kühle Nass braucht die 12-Jährige nur kurz Hilfe über den Randstein. «Wir suchen immer nach Lösungen», äussert sich der dreifache Familienvater später und zeigt grinsend auf ein Foto. Darauf zu sehen ist Lena, die mit ihrem Rollator – umgebaut zu Skiern – den Berg hinuntersaust.
Es ist etwas weniger bekannt, dass auch die Schweizer Jugendherbergen solche Abenteuer anbieten: «Ein Herzensprojekt ist das inklusive Schneesportlager, das im Rahmen des 100-Jahr-Jubiläums ins Leben gerufen wurde», sagt Linda Robel, Abteilungsleiterin Marketing, dazu. Sie lädt die Ferientester-Familie als Ferienhighlight auf eine Schifffahrt ein. «Inklusion ist uns seit jeher ein wichtiges Anliegen. Wir setzen uns aktiv für barrierefreie Unterkünfte und touristische Angebote ein», sagt sie. Aktuell seien bereits über die Hälfte der Jugendherbergen hindernisfrei. Die Unterkunft in Montreux ist seit 2018 hindernisfrei und wurde in Zusammenarbeit mit der Stiftung «Denk an mich» zugunsten der Hindernisfreiheit mit einem Personenlift und einer weiteren hindernisfreien Dusch- und WC-Anlage ausgestattet.
Einen kleinen Wermutstropfen finden die Reiseliebhabenden dennoch: «Den nahen Zugverkehr hört man in der Nacht schon, und kleine bauliche Anpassungen würden ebenfalls viel bewirken: Eine hindernisfreie Toilette im Untergeschoss und eine Rampenlösung bei der Terrasse wären schön», so das Fazit. Mit diesen Elementen würde aus einem schönen Aufenthalt ein noch inklusiveres Ferienerlebnis. «Geschlafen habe ich jedenfalls gut, und es machte Spass, ein paar Tage ein Einzelkind zu sein», ergänzt Lena vor der Abreise. Schliesslich komme das im Alltag mit ihrer Zwillings- und der 17-jährigen Schwester selten vor.