Ein musikalischer  Abend, der nachhallt

Wie hat das eigentlich angefangen mit der Musik? Seit wann berühren Klänge und Gesänge die Menschheit, und wie hat sich die Musik im Verlauf der Jahrhunderte verändert? Dieser Frage gingen die 22 Schauspieler*innen der Stiftung Stöckenweid mit ihrem Stück «Story of music» auf den Grund. Die Basis dafür bildeten die Lieblingslieder des Ensembles.

Ein Ensemble von Künstler*innen mit Behinderung präsentiert sich auf der Bühne
Ein Ensemble von Künstler*innen mit Behinderung präsentiert sich auf der Bühne
1/2Die strahlenden Gesichter machen den Aufwand wett: Für die Inszenierung «Story of music – was uns berührt» gab es bei der Wiederaufnahme Standing Ovations.
2/2Connie Schiess (1. von links), Solidarmitglied Procap Zentralschweiz, ist als Maltherapeutin seit Jahren eine treibende Kraft für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in der Kunst- und Kulturszene der Stiftung Stöckenweid.

Text Cynthia Mira  Fotos Stiftung Stöckenweid

Der Aufführungssaal in der Stiftung Stöckenweid in Feldmeilen war bei der Wiederaufnahme des Stückes «Story of music – was uns berührt» im März voll besetzt. Das Publikum stand am Ende der Aufführung begeistert auf. Standing Ovations für ein Musiktheaterstück, das nicht nur die Herzen der Zuschauer eroberte, sondern auch die Bedeutung von Inklusion und Kunst auf eine neue Ebene hob. So präsentierten die Darsteller*innen eine Show, die sowohl Klassiker der Schweizer Musik als auch weltbekannte Lieder wie «My Heart Will Go On» aus dem Film «Titanic» beinhaltete. Weitere Hits wie der Song «Fix You» der Band Coldplay folgten. Beeindruckend waren die szenischen Umsetzungen, die mit viel Kreativität und Herzblut auf die Bühne gebracht wurden. Bei einem Stück wurde ein ganzes Orchester mit gebastelten Geigen und Querflöten pantomimisch neu inszeniert und brachte zum Schmunzeln. 

Die Regie für die Produktion übernahm Connie Schiess. Sie ist Procap-Solidarmitglied der Sektion Zentralschweiz und beschreibt ihre Arbeit als das Zusammenbringen von «Puzzleteilen». Sämtliche Ideen und Vorstellungen des Ensembles flossen in den Prozess ein und ergaben am Ende das grosse Ganze. Diese Worte spiegeln auch die Essenz der Aufführung wider: ein Team, das zusammenarbeitet, um etwas Einzigartiges zu schaffen. «Mir bedeutet die Arbeit sehr viel, sie schafft die Möglichkeit, Menschen zu befähigen, Kreativität zu entwickeln, ihr Talent zu präsentieren und über sich hinauszuwachsen sagt Schiess. Zudem könnten Kunst und Kultur das Bild und den Blick über und auf Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft verändern, ist sie überzeugt. «Ich mag Herausforderungen und die Kraft des Ensembles. Mich reizt es, scheinbar Unmögliches möglich zu machen», sagt sie weiter. Und nicht zuletzt gebe ihr diese Kunstform den Raum für die eigene Kreativität.

Was die neueste Inszenierung der Stiftung Stöckenweid herausragend machte, war auch die Herausforderung, die sie mit sich brachte. So mussten gewisse Darsteller*innen während der Show bis zu sieben Mal das Kostüm wechseln. «Diese Abläufe müssen sehr gut eingespielt und geübt sein», so die Regisseurin. «Alle haben ihre eigenen Übersichtskarten, auf denen sie erkennen, wann sie mit welchem Kleid wo dran sind. Die ganzen Abläufe sind bebildert und grafisch umgesetzt, weil die wenigsten lesen können, und Bilder und Piktogramme viel schneller und für alle funktionieren.» Das sei eine sehr aufwendige Vorarbeit, aber ermögliche auch dem schwächsten Mitglied, so selbstständig wie möglich dabei zu sein, und das sei ein wichtiges Ziel. «Natürlich braucht es auch manchmal Nerven, aber ich habe auch viel Vertrauen in alle und bin immer sehr direkt, klar und auf Augenhöhe.»

Insgesamt standen weitere fünf Personen hinter den Kulissen im Einsatz. Pius Käppeli, Stiftungsratspräsident der Stiftung Stöckenweid, sagte denn auch treffend: «Es braucht für einen solchen Abend 1000 Fäden, die zusammenspielen, und das Vertrauen in die Menschen, die diese Leistung abrufen.» Für Schiess ist es nicht das erste Kunstprojekt, das sie für die Stiftung ins Leben rief. Mit ihren Malateliers und Kunstaustellungen schafft sie seit Jahren einen Raum, in dem Kreativität keine Grenzen und schon gar keine Barrieren kennt. Nun geht sie in einem Jahr in den Ruhestand. «Es war, so glaube ich, mein letztes Stück, projektbezogen kann ich mir Ähnliches aber auch nach der Pensionierung noch vorstellen», betont sie. 

Dieser Theaterabend war ein Beispiel dafür, wie Kunst und Inklusion zusammenfinden können und wie viel ein solches Projekt allen Beteiligten bedeutet. Es war auch eine Erinnerung daran, wie wichtig es ist, Menschen mit Behinderungen eine Bühne zu bieten. Dem dürften auch die Zuschauer*innen zugestimmt haben. Eine ehemalige Betreuerin der Stöckenweid-Gruppe, Martina Skorek (36) aus Wetzikon, sass ebenfalls im Publikum und sagte denn auch: «Ich habe es endlich geschafft, die Aufführung zu besuchen, und bin berührt. Es war als Gesamtpaket einmalig und bot viele schöne Szenen.» Ihr Partner Dominik Spühler (37) fügte hinzu, dass «die Energie auf der Bühne einen regelrecht zum Tanzen anregte». Beide waren sich einig, dass der Abend einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.

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